Veranstaltung: | 60. Landesversammlung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen am 7.12.2024 in Chemnitz |
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Tagesordnungspunkt: | 16. Verschiedenes |
Antragsteller*in: | LAG Kultur BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen (dort beschlossen am: 15.11.2024) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 16.11.2024, 08:20 |
V2: Kulturelle Vielfalt in Sachsen unterstützen – Kunstfreiheit verteidigen!
Antragstext
Wir, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen, stehen für die freie Entfaltung und
Entwicklung unserer vielfältigen kulturellen Landschaft. Künstlerische,
kulturelle und soziokulturelle Angebote sollen der Vielfalt der Lebensentwürfe
Ausdruck verleihen und allen Menschen, auch Menschen mit Migrationsgeschichte,
Menschen mit Behinderung, queeren Menschen und antifaschistisch und demokratisch
engagierten Menschen eine selbstverständliche Teilhabe und Mitgestaltung
ermöglichen. Kultur ist ein wichtiger Aushandlungsraum und zeigt uns
gesellschaftliche Zukunftsperspektiven auf. So ist Kultur als Teil einer
lebendigen Demokratie wirksam. Ist aber die Kunstfreiheit gefährdet, sind auch
Demokratie und gleichberechtigte Teilhabe in Gefahr.
Wir haben verstanden, dass Angriffe und Einschüchterungen, Hetzkampagnen und
versuchte Einflussnahmen auf künstlerische Inhalte und gesellschaftspolitische
Positionen inzwischen Normalität für Künstler*innen und Kulturakteur*innen in
ganz Sachsen sind. Ob Theater, Clubs, Kunstgalerien, soziokulturelle Zentren
oder erinnerungskulturelle Initiativen und Gedenkstätten, wer sich aktiv für
Menschenrechte und demokratische Bildung einsetzt, ist früher oder später dem
systematischen Kulturkampf von Rechts ausgesetzt. Dieser bleibt längst nicht
mehr ohne Folgen, wenn aus Kommunalparlamenten heraus der Rechtfertigungsdruck
erhöht wird, wenn Fördermittel für bewährte Angebote entzogen werden, wenn aus
Angst vor Konflikten oder Einschränkungen Programme geglättet, Drehbücher
umgeschrieben, Festivals abgesagt oder Teilnahmen an Aktionen gegen Rechts
vermieden werden. Der Druck führt dazu, dass die Arbeitsbelastung von
Mitarbeiter*innen steigt. Die Existenzgrundlage für Kultureinrichtungen gerät
ins Wanken. Künstler*innen und Kulturmanager*innen beginnen an ihrer Perspektive
in der sächsischen Kulturlandschaft zu zweifeln. Wir dürfen nicht zulassen, dass
das demokratische und weltoffene Kulturverständnis in Sachsen weiter in die
Defensive gedrängt wird. Am Ende bliebe nur harmlose und unkritische Kultur
übrig und reaktionäre bis völkisch-nationalistische Offerten hätten noch mehr
Raum.
Wir BÜNDNISGRÜNE stehen solidarisch an der Seite von Initiativen und
Einrichtungen, die sich als Teil der antifaschistischen Zivilgesellschaft für
diskriminierungsfreie und inklusive Räume, für Vielfalt und Menschenrechte
einsetzen. Wir wissen, wovon wir reden, denn wir sind wie viele demokratische
zivilgesellschaftliche Akteur*innen oft genug selbst mit Angriffen und
Anfeindungen konfrontiert.
Wir wollen nicht mehr nur von Weckrufen reden, sondern gemeinsam gegen diese
Angriffe aufstehen und die Kunstfreiheit verteidigen. Wir werden weiterhin genau
hinschauen und unseren Widerspruch in Öffentlichkeit und Parlamenten deutlich
machen. Wir werden darüber hinaus gemeinsam mit Akteur*innen aus Kultur und
Zivilgesellschaft praktische und kontinuierliche Unterstützungsangebote
organisieren, damit sich Kultur resilient machen kann. Dabei können wir auf
bisherigen Erfahrungen aufbauen, wie sich Einrichtungen gegen Anfeindungen
wehren und sich vernetzen, ihre Mitarbeiter*innen und Nutzer*innen schützen,
Anfeindungen in sozialen Medien begegnen oder wie sich Bürgermeister*innen
schützend vor Kultur stellen.
Wir BÜNDNISGRÜNE in Sachsen appellieren an alle demokratischen politischen
Kräfte, die Bedrohungslage ernst zu nehmen, klare Signale gegen Feinde einer
demokratischen Kultur zu setzen und ins aktive Handeln zu kommen. Nicht zuletzt
die gemeinsame Verantwortung für eine gute soziale, wirtschaftliche und
gesellschaftliche Entwicklung erfordert den Einsatz von uns allen. Denn eine
vielfältige, weltoffene und lebendige Kulturlandschaft ist ein wesentlicher
Faktor dafür, dass Sachsen für alle Menschen attraktive Orte zum Arbeiten und
Leben bietet.
Eine künftige Staatsregierung sehen wir in der besonderen Verantwortung, dafür
Sorge zu tragen, dass sich der Freistaat Sachsen zur Sicherung eines
demokratiefördernden, diskriminierungskritischen und vielfältigen Kulturlebens
verpflichtet. Daraus folgen nachhaltige Maßnahmen und sichere Rahmenbedingungen
für Kunst und Kultur in Sachsen.
- Einrichtungen und Initiativen können auf Angebote zur Beratung, zum
Kompetenzaufbau und zur Vernetzung zugreifen, damit sie sich auf
verschiedene Bedrohungen einstellen, die Sicherheit von Mitarbeitenden und
Nutzenden eigener Angebote garantieren, fundiert gegen
demokratiefeindliche oder rassistische Positionen argumentieren, Konflikte
managen sowie rechtliche Grundlagen angemessen anwenden können.
Begründung
Dieses Jahr hat uns erneut gezeigt, wie vielfältig die Herausforderungen in Sachsen sind: der Rechtsruck, die aktuellen Haushaltskürzungen, die Wahlen in Sachsen und nun die Bundestagswahl. Uns bleibt kaum Zeit, jedes Thema in der nötigen Tiefe zu diskutieren. Deshalb besteht die Gefahr, dass zentrale Anliegen, wie der Schutz von Kultur vor rechtsextremen Einflüssen, nicht die Aufmerksamkeit erhalten, die sie verdienen. Doch wir dürfen nicht zulassen, dass Angriffe von Rechts den Kulturbereich weiter schwächen. Und wir dürfen nicht zulassen, dass Kulturakteur*innen, insbesondere im ländlichen Raum, ihre wichtige Arbeit aufgeben müssen.
Mit diesem Antrag senden wir ein klares Signal: Wir BÜNDNISGRÜNE in Sachsen stehen fest an der Seite der Kulturakteur*innen. Wir stärken Kultur als Motor einer demokratischen, vielfältigen Gesellschaft. Gleichzeitig ist dieser Antrag eine Selbstverpflichtung – nach innen wie nach außen. Unsere Unterstützung für freie Entfaltung, Vielfalt und Kunstfreiheit bleibt ein starkes Fundament, auf dem wir weiter aufbauen.“
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